Freitag, 30. September 2011

Wasn-Wahn

Nun bin ich ja nicht allzu weit entfernt von München aufgewachsen und Tagesausflüge im Zug in die bayerische Hauptstadt gab es durchaus häufiger mal. Und auch von Tübingen aus ist es nicht all zu weit bis nach Stuttgart. Daher überrascht es, dass ich bisher genau einmal auf einem "Oktoberfest" war - und zwar in Argentinien. In Villa Belgrano, in dem es typisch deutsch sein soll. Mit vielen Blockhütten aus Holz, auch etwas Fachwerk. Und den ganzen Oktober wird dort "typisch deutsch" gefeiert: mit viel argentinischem Bier und immer wieder tönt einem die Titelmelodie von "Heidi" entgegen. In den Souvenierläden kann man dann auch die japanische Zeichentrickserie von Heidi kaufen. Typisch deutsch eben.

Aber in Deutschland war ich zuvor weder auf Wiesn noch auf Wasn gewesen... also hab ich das auch eben mal auf meine Liste gesetzt: "Dinge, die ich noch tun will bevor ich 30 werde" - Die letzten Monate laufen, also mal eben fix auf den Wasn gefahren. Da ich kein Freund großer Menschenmengen bin, die mir im Weg rum stehen, war ich recht froh, dass am Do Abend doch relativ wenig los war. Man konnte gemütlich durchlaufen, an Losbuden, Schießständen und Essensverkauf vorbei, zu noch mehr Losbuden, Schießständen und Essen. Irgendwie war ich schon etwas entäuscht, dass es im Grunde auch nicht anders als auf dem Jahrmarkt früher zu Hause war. Nur eben dass es 5mal so viel von dem Zeug gab, das einen nicht interessiert. Man kann immer noch auf Dosen werden. Oder auch einfach nur Bälle in einen Eimer werfen. Oder Bälle in Milchkannen werfen. Und alles um rießige Kuscheltiere gewinnen zu können, von South Park bis Hello Kitty, von Tigern bis hin zur großen Stoffkuh und sogar metergroße Schaumstoff-Fußbälle in der Farbe lila: Alles dabei was das Herz noch nie begehrt hat.

Aber dann gabs da ja auch noch die Bierzelte! Ob eine, zwei oder gleich auf 3 Ebenen konnte man da feiern! Zelte mit Balkon, Security-Service und völlig überteuerten Preisen: Wer bitte zahlt für ein Käsebrot 6,30 Euro??? Aber zum Essen geht man da ja eher nicht hin, sondern um mit seiner Maß Bier auf den Bänken zu stehen, zu Volksmusik im Takt zu wippen und ohne von der Bank zu fallen. Und mit jedem Maß Bier steigt der Schwierigkeitslevel! Da es in den vollen Zelten ziemlich heiß wird, braucht man das Bier auch. Wir sind einmal durch ein Zelt durch gelaufen, aber die Musik konnte ich wirklich nicht länger als 5 Minuten ertragen. Wie kommt es, dass da plötzlich so vielen Leuten Volksmusik gefällt? Also Leuten unter 30? Naja.

In der Wurstbude gegenüber vom Bierzelt war das Bier nur halb so teuer und das Essen nur ein 1/3 vom Preis... und die Musik aus dem Zelt konnte man trotzdem hören. Also saßen wir da, und lauschten, wie zu volkstümlichen varianten von "Viva Colonia" oder auch zu Abbas "Mama mia" kräftig gefeiert wurde. Und warum trägt in Baden-Württemberg auf einmal jeder Dirndl und Lederhosen? Das sind bayerische und österreichische Trachten, in BaWü gibt es anscheinend 6 verschiedene eigene Trachten (Schwarzwald, Alb, etc.) - Warum trägt das keiner? Warum sollte man eine Lederhose tragen, wenn man in Stuttgart auf ner Bierbank steht und "Viva Colonia" gröhlt? Warum muss man sich ein Dirndl anziehen? Um dann in Bad Cannstatt auf den Bahnsteig kotzen zu können? Wenn man das tut muss man allerdings damit rechnen, dass schnell eine Polizistin auf einen zukommt und einen verwarnt, doch bitte in den Mülleimer zu reiern, oder auf die Toilette zu gehen. Und dann kommt eine Reinigungskraft die nen Schluck Wasser über das Erbrochene gießt und es dann gleichmäßig auf einer größeren Fläche verreibt, bis es nur noch nach ner Wasserpfütze aussieht...

Aber halt! Bei der Heimfahrt waren wir ja noch gar nicht. Davor haben wir uns ja auch noch amüsiert und waren in der Wildwasserbahn und haben dann das atztekischen Tal der Könige nach verborgenen Plastikmumien abgesucht! Und tatsächlich haben wir es geschafft, auch nach 3 Stunden Wasen-Labyrinth plötzlich noch vor einer Achterbahn zu stehen und uns zu wundern, warum uns die zuvor noch nicht aufgefallen ist. Und ein Stück weit schien die Zeit auch stehen geblieben zu sein, denn viele von den Fahrgeräten, die ich als Teenager schonmal gefahren, gibt es jetzt immer noch. Und da läuft dann auch immer noch Musik von DJ Bobo ("Freedom! Freedom!"). Damals war der ja wirklich noch in den Charts, un dich weiß noch, wie wir auf dem Jahrmarkt früher standen und extra länger stehen geblieben sind, wenn da das neue Lied von DJ Bobo lief (das im Grunde genauso klang wie das alte Lied), oder Whigfield, oder auch Dr Alban.

Da wer dich also auf jeden Fall in 10 Jahren wieder vorbeischauen müssen, ob der DJ Bobo immer noch nicht frei genug ist. Vorerst kann ich es aber abhaken: Europas zweitgrößtes Volksfest besucht.

Dienstag, 20. September 2011

Menschen im Bus



Dieser Bus fährt jeden Tag, jede Woche, jedes Jahr

Seit ich kein Semesterticket mehr habe, fahr ich ja kaum noch Bus. Vielleicht noch 3 oder 4 Mal im Monat. Im Sommer in Tübingen kein Thema: Wenn man sich problemlos mal 30-40 Minuten mehr Zeit nehmen kann, kommt man schon auch überall hin.
Allerdings trifft man dann die anderen Busfahrer-Nachbarn auch kaum noch.

Du sitzt wie jeden Tag im Bus der Linie 3
und alle Leute tun hier so, als wären sie allein


Und da war ja dann noch der Vorsatz: Sprich mit den Nachbarn! Also mehr als nur *lächeln* und "Hallo!" Etwas Smalltalk mit denen, die sich drauf einlassen - warum denn nicht?
Aber: Das lohnt sich doch gar nicht. Vielleicht / Hoffentlich wohn ich ja bald schon gar nicht mehr hier. Was soll ich da denn jetzt noch neue Leute kennen lernen. ... ... ...

Es regnet immer da wo es schon nass ist
und es ist überall besser als hier


Und dann gestern im Hallenbad in einem ganz anderen Stadtteil: Ein Nachbar, der mir einst auch schon mal die Bustür aufgehalten hat, während ich die letzten Meter zur Haltestelle gerannt bin. Man sieht sich von Weitem: *lächeln* "Hallo!"
Ich schwimme meine Bahnen und denke: Ohje. Und dann denke ich nur noch an die nächsten Atemzüge, den Kopf schön unter Wasser. Und was machen eigentlich diese Fußspuren in 3 Metern Tiefe auf dem Beckenboden? Wasser in der Nase, im Ohr, Husten, Schwimmen, Kraulen Brust, Pause in 4 Bahnen und dann nochmal 20.

Doch wir werden immer Bus fahren, das weißt du, das wissen wir

Und irgendwann bin ich fertig und unter der Dusche und in der Umkleide und auf dem Weg zum Ausgang. Gleichzeitig an der Glastür dann wieder der busfahrende Nachbar.
Diesmal aber: *lächeln* "Wir sind schon lang nicht mehr im gleichen Bus gesessen!"
Und plötzlich redet man. Auf dem Weg zur Haltestelle, in Bus und dann auf der Straße auch eben mal noch ne 1/2 Stunde. Über abgeschlossene und abgebrochene Studiengänge, über Arbeitslosigkeit, über den Wahnsinn der Moderne, über Kafka, Uwe Johnson und David Foster Wallace, über gescheiterte Existenzen die in den Unibibliotheken abhängen, über schwerhörige Nachbarn und ihre Fernsehgewohnheiten, über leerstehende Gebäude in der Nachbarschaft und über Smartphones. Und man verabschiedet sich, tauscht Email-Adressen und will sich eventuell auch mal zum Essen treffen.
Und es hat sich gelohnt.

Und da sogar Thees Uhlmann über eine ähnliche Situation singt, muss es doch noch mehr Leute geben, die einfach mal miteinander quatschen sollten.

Und müde siehst du aus, draußen zieht die Stadt vorbei
Jetzt weiß ich wer du bist, das Mädchen von Kasse 2

Montag, 19. September 2011

Was denken die sich eigentlich dabei?

Da will man mal in den Irish Pub, weil da Fußball läuft und auch noch irgend eine Band spielen soll... und dann verlangen die 12 Euro Eintritt (ermäßigt 10). Da sind wir dann doch lieber 50m weiter woanders rein und haben dort was getrunken und gegessen. Für weniger als 12 Euro.

Da sich Deutschland nach wie vor im Casting-Show-Wahn befindet, wird also derzeit auch wieder mehrfach vor laufender Kamera gecastet... und im Internet kann man alles auch schön mitverfolgen: Wie sich Frauen aus Kanonen schießen lassen. Wie Affen Bananen essen. Oder wie Frauen heiße Spaghetti essen... vom nackten Bauch ihres Ehemanns. Oder wie Männer in Stöckelschuhen tanzen. Oder einer der unzähligen Gesangsversuche, manchmal mehr, meistens weniger erfolgreich. Und gerade letzteres will man doch sehen und hören, um hinterher schimpfen zu können, dass man das nicht hören will.

Da mag man es John Cusack und Franka Potente fast schon wieder verzeihen, dass in belanglosen und furchtbar langweilen Agententhrillern wie "Shanghai" mitwirken, indem es wohl irgendwie um den 2.Weltkrieg und um die amerikanisch-japanische Liebe zu Opiumhuren geht.

Da nimmt man es dann auch einfach hin, wenn unausweichbare Mitmenschen völlig perplex sind, wenn jemand Muffins backt, ohne dass jemand Geburtstag haben wollte. Oder wenn Arbeitsvermittler einem eine Stelle vermitteln wollen, die nur leider schon seit 2 Monaten vergeben ist ("Nein, wenn die Stelle nicht mehr offen wäre, würde sie ja wohl kaum in meiner Datenbank stehen!").

Und was habe ich mir zuletzt eigentlich dabei gedacht, den wunderbaren Bosse nicht schon viel früher zu entdecken? Ich schüttel mit dem Kopf.

Sonntag, 4. September 2011

Algen: Einfach mal ins Blaue hinein!

Gestern endlich mal wieder im Baggersee geschwommen ohne Blaualgenwarnung! (das Wasser war aber auch kälter als vor 2 Wochen...)

Hab zwar genausoviel von den Algen mitbekommen, als die letzten drei Male als Algen dagewesen sein sollen, aber was solls. Wenn man auf einer ca. 200m langen Strecke gerade mal 1 Plakat (Din A4) an nem Baum aufhängt, kann man ja auch nicht erwarten, dass das alle sehen, oder?
So war ich da also dreimal schwimmen ohne was von Blaualgen zu wissen. Und die Leute um mich herum wohl auch nicht. Bis ich dann zufällig im Internet drauf gestoßen bin, dass vom Baden im See dringend abgeraten wird. Mit einem Bild von dem aufgehängten Warnhinweis.

Was wären wir nur ohne das Internet!