Montag, 7. Juli 2008

Erwachen

20:15 Uhr, der Björn, mein Mitbewohner, steht mit kritischem Blick vor dem Küchenfenster, schaut hinaus und spricht:
"Ich glaube, es wird immer dunkler!"
Ich: "Gerade Abends ist mir das auch schon häufiger aufgefallen, wollte aber bisher noch nie was sagen."
Aus irgendeinem Grund war er dann sauer....

Wie auch immer, nachdem sich während der EM halb Tübingen überwiegend von Pizza ernährt hat, ist es zur Zeit wieder etwas ruhiger geworden. Und da will ich die Gelegenheit nutzen, euch eine ältere Anekdote aus der Crona Klinik zu erzählen. Da dürfen wir nämlich den Eingang benutzen, wo sonst die Notfälle ankommen. Und meistens steht dann auf meinem Lieferschein immer so Zeugs wie "Station 31" oder "B5 Süd", was ich mittlerweile auch schon alles ohne Probleme finde. Letztens stand da dann aber nur "Ebene 2" auf meinem Zettel. Aber man muss ja aus jeder Information das Bestmöglichste rausholen. Ich also durch lange Gänge zum Fahrstuhl und dann auf Ebene 2 gefahren, wo ich dann aber ziemlich einsam auf weiter Flur stand. Also zurück auf den Lieferschein geschaut und was steht da, ganz klein unten drunter: an der Pforte anpiepsen lassen. Zu dumm, dass ich vor 3 Minuten erst an der Pforte vorbeigelaufen bin. Also den Weg wieder zurück und den Pförtner bitten, dass er mal ein bischen rumpiepst. Das macht der dann auch und er wird zurückgerufen. Als er dann wieder auflegt, gibt er mir freundlich zur Auskunft, dass ich auf Ebene 2 kommen soll. Und ich kann ihn auch noch so erwartungsvoll anschauen, mehr Informationen scheint er mir nicht geben zu wollen. Also frage ich nach, wohin genau ich denn gehen soll, worauf er mir den Weg zum Fahrstuhl erklärt und wie ich auf die "2" drücken soll, damit der Fahrstuhl da hin fährt. Da erkenne ich, dass diese Informationsquelle bereits versiegt ist und ich mache mich erneut auf den Weg zu Ebene 2. Und täglich grüßt die Ebene 2, auf der ich wieder genauso allein und verloren stehe. Nachdem ich ungefähr eine Minute vor dem Fahrstuhl gestanden bin beschließe ich, die Suche auf gut Glück auf zu nehmen. Rechts von mir befindet sich der OP-Bereich hinter Schildern mit "Strahlen-CT! Betreten Verboten!" - Schildern. Also gehe ich nach Links. Dort gibt es lange Gänge auf den Weg zu ein paar Stationen und ich habe die Hoffnung, dass dort jemand auf seine Pizza wartet. Also frage ich mich da dann mal durch, was aber recht fruchtlos bleibt, da ich ja weder einen Namen habe, noch eine Telefonnummer. Nur eine Nummer von nem Piepser. Ich bekomme schließlich den Rat, doch mal an der Pforte nachzufragen und werde zum Gehen aufgefordert. Ich kann also nicht umhin, meine Backenzähne mit Druck aufeinander zu reiben, als ich auf dem Weg zurück zu den Fahrstühlen bin. Zu diesem Zeitpunkt kommt auch gerade eine Ärztin aus dem Op-Bereich heraus, schaut mich fassungslos an und fragt, wo ich denn herkomme und warum das denn so lange dauert. Dass ich das auch gerne mal gewusst hätte, sag ich ihr nicht und folge ihr einfach. Sie müsse jetzt aber erstmal noch ihr Geld suchen und ich solle so lange hier warten. Sie führt mich in den Aufwachraum. Da sei ich zumindest nicht allein, sagt sie und lässt mich allein neben einem frisch operierten Patienten in seinem Bett stehen, der noch immer zu schlafen scheint. So ganz wohl fühl ich mich neben dem Patienten allerdings nicht und versuche mir vorzustellen, wie es wohl wäre, aus der Narkose auf zu wachen und als erstes einen Pizzaboten neben mir stehen zu sehen. In dem Moment macht der Typ neben mir die Augen auf und schaut mich an. Ich bemühe mich zu einem Lächeln und sage "Grüß Gott!". Er sagt nichts und macht die Augen wieder zu. Dann kommt aber auch schon die Ärztin wieder und ich kann endlich gehen.

Und abschließend noch eine aktuelle Meldung aus der Rubrik "Erstaunliche Statistiken": Männer, die im Kreissaal auf die Geburt ihres (eines) Kindes warten, bestellen häufiger Thunfisch-Pizza ohne Zwiebeln. Welche weiteren Zusammenhänge hierbei bestehen, wird aber wahrscheinlich nie ganz geklärt werden können.